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«Cash is king», doch ohne gemeinsame Werte geht überhaupt nichts. 

Im Interview mit Bettina Walch erzählt Sabina Schumacher Heinzer, welche Lektionen sie von ihrem Grossvater und ihrem Vater gelernt hat und weshalb diese Erfahrungen auch die Zukunft von Tecalto prägen.

Bettina Walch: Frau Schumacher, Sie sind mit der Tecalto aufgewachsen und waren schon als Kind regelmässig hier an der Rautistrasse um Ihren Grossvater und Ihren Vater zu besuchen. Was war denn Ihr erster Job bei der Tecalto?
Sabina Schumacher: Das war ein Ferienjob, so mit zwölf, dreizehn Jahren. Da habe ich Ordner mit Produktblättern aufgefüllt, für fünf Franken pro Stunde.

 Dr. August Schumacher, Bruno Schumacher

Richtig eingestiegen sind Sie dann vor 35 Jahren beim Einkauf.
Ursprünglich war ich Handarbeitslehrerin, und ich wollte unbedingt in die Modebranche, am liebsten in den Einkauf. Bei unserer Firma bin ich eigentlich nur für ein halbes Jahr eingesprungen, um mir etwas Berufserfahrung anzueignen. Ich sagte mir: «Handel ist Handel, egal ob ich mit Kleidern oder Verschraubungen handle.» Nun, das Interesse an der Firma ist immer mehr gewachsen, ich bin geblieben, und so wurden 35 Jahre draus. Das notwendige Wissen zu Betriebswirtschaft und Marketing habe ich mir berufsbegleitend angeeignet.

1998, also vor mehr 25 Jahren, haben Sie schliesslich als CEO die Geschäftsführung von Ihrem Vater übernommen. Was ist das Wichtigste, das Sie von ihm mitgenommen haben?
«Du darfst dir für keine Arbeit zu schade sein.» Das war die familieninterne Devise. Wenn es anzupacken gilt, pack an. Dazu habe ich bereits zu Hause mitbekommen, vorurteilslos auf Menschen zuzugehen, Wohlstandsdünkel gab es nicht. Ich habe keine Berührungsängste und liebe es, mit allen ins Gespräch zu kommen.

Toolbox für die CEO

Bei der offiziellen Stabübergabe hat Ihnen Ihr Vater eine Schatulle überreicht, was hat es damit auf sich?
Die hat mir mein Vater im Dezember 1998 bei seiner Ansprache mitgegeben. Es ist eine Werkzeugschachtel für die Führung. Da finden sich beispielsweise ein originalverpacktes Biberherz fürs Herzblut. Das ist das Wichtigste, ohne Herzblut geht es nicht. Oder auch etwas Tee, für ruhige Momente des Nachdenkens. Und ein Lederblätz fürs Sitzleder. 

Und die Handschellen?
Die stehen für die Verpflichtung. Ich habe diesen Betrieb in dritter Generation übernommen, da kündigst du nicht einfach so. Ich habe eine Verantwortung den Mitarbeitenden, den Kunden und meiner Familie gegenüber. Das kann manchmal auch etwas belastend sein und fühlt sich zwischendurch durchaus unfrei an.

Sie sprechen sehr offen - ich habe den Eindruck, Sie sind ein nahbarer Mensch. Muss man in Ihrer Position nicht auch hart sein können?
Es ist mir wichtig, dass die Angestellten gerne bei uns arbeiten, aber ja, im Interesse der Firma und der Belegschaft muss ich auch harte Entscheide treffen. Nur so ist das Dreieck Mensch, Firma und Team ausbalanciert.

War das schwierig zu lernen, dieses «Halten der Balance»?
Ja, sehr. Hart sein zu können ist der Preis, den man für Führung zahlt. Das verlange ich auch von meinen Kaderleuten.

Was verlangen Sie noch von Ihrem Kader?
Sich gegenseitig zu unterstützen, dass man abteilungsübergreifend fürs Gesamtunternehmen denkt und handelt. Damit das auch klappt, lassen wir uns auch regelmässig coachen. Wobei meine Kollegen dann jeweils nicht grad Freudentänze aufführen, sondern finden, jetzt kommt sie wieder mit ihrem «Gschpüürsch-mi-Züügs». Aber darum haben wir es geschafft, ein tolles Team zu werden. Manchmal muss ich sie zu ihrem Glück zwingen.

Worauf legen Sie ausserdem Wert in Ihrem Unternehmen?
Mir ist die Familienverträglichkeit sehr wichtig, auch bei den Männern. Es muss möglich sein, dass ein Vater sein Kind in die Krippe bringt und dann halt erst um neun Uhr mit der Arbeit beginnt. Die Ungelernten versuche ich zu überzeugen, eine Ausbildung zu machen. Mit der Digitalisierung verändern sich die Stellenprofile von uns allen.
Vor einiger Zeit haben wir mit allen Mitarbeitenden eine Analyse zu ihrem Persönlichkeitstyp nach dem Vier-Farben-Modell gemacht. Das hat enorm geholfen, bestehende Spannungen abzubauen. Weil man sich gegenseitig besser einschätzen und abholen kann.

Welcher Typ sind Sie?
Blau und grün, mit einigen gelben Einspengseln, also analytisch und menschenorientiert, eine beratende Unterstützerin.

Was glauben Sie ist besonders wertvoll, um motivierte Mitarbeitende zu haben?
Erfolgreich sein! Es hilft enorm, wenn das Team weiss, wir sind gut unterwegs, wir verdienen Geld und am Ende des Jahres schaut für jeden finanziell etwas heraus. Jede und jeder Einzelne trägt etwas zum Erfolg bei. Das macht alle stolz.

Eine hervorstechende Eigenschaft der Tecalto ist das breite und tiefe Sortiment. Ihr Lager umfasst 25'000 Artikel. Hat man da eigentlich ein Lieblingsprodukt?
Meine sind die Verschraubungen! Und zwar die Ermeto-Verschraubung von Parker. Als Kind habe ich deren Agenda immer als Uufzgi-Büechli benutzt, und sie haben feine Schöggeli verteilt. Da liegt tatsächlich meine höchste Identifikation: in der Verschraubung! Für Felix Pfister, unseren technischen Leiter, ist es die SensoControl von Parker. Als Mensch mit hauptsächlich blauen Eigenschaften interessiert ihn die Möglichkeit, eine hydraulische Anlage im Vollbetrieb auf Leistung und mögliche Schwachstellen zu analysieren. Aber Lorenzo Scano, unser Marketingchef, würde auf die Frage nach dem Lieblingsprodukt sagen «Unsere Dienstleistung».

Gehört Dienstleistung heute nicht einfach dazu?
Eine Verschraubung kann jeder verkaufen, aber wir sind ausgesprochen kundenorientiert. Das heisst: Wir versuchen, das Geschäft unserer Kundinnen und Kunden so gut zu verstehen, dass Probleme gar nicht erst entstehen – zum Beispiel mit Logistiklösungen, die die Prozesse bei den Kunden vereinfachen und beschleunigen oder mit Beratung bei der Konstruktion von Maschinen. Und nicht zu vergessen: Wir können immer liefern - unser Lager erstreckt sich über drei Stockwerke. Während Corona haben wir sogar unsere Konkurrenz beliefert.

25'000 Artikel im Lager

Und Nachhaltigkeit? Gehört die heute nicht auch zu einem Schweizer Unternehmen?
Ja definitiv!  Wir haben dazu mit allen Mitarbeitenden ein Nachhaltigkeits-Assessment zur Standortbestimmung durchgeführt und parallel dazu eine CO2-Analyse erstellt. Mit diesem ganzheitlichen und zugleich sehr effizienten Vorgehen haben wir das Thema wirksam im Unternehmen implementiert und die Handlungsfelder festgelegt. 
Ich nehme regelmässig am Sustainable Switzerland Forum teil und profitiere sehr von den Fachreferaten und Inputs. So konnte ich feststellen, dass wir in allen drei Dimensionen gut unterwegs sind: im Sozialen, in der Ökologie und in der Ökonomie.

Im Sozialen legen wir grossen Wert auf das frühzeitige Erkennen der Veränderungen unserer Geschäftsprozesse und den entstehenden Weiterbildungsbedarf unserer Mitarbeitenden – Stichworte Digitalisierung und Integration unserer Dienstleistung in die Prozesse unserer Kunden.

Das sind auch die Haupttreiber im ökologischen Bereich: Wie können wir die Logistik so effizient  wie möglich gestalten, damit es zu keinen Fehllieferungen und Retouren kommt? Wie schaffen wir es, dass unsere Kunden uns bereits bei der Konstruktion einer Hydraulikanlage beiziehen? Auch wissen wir von jedem einzelnen Produkt in unserem Sortiment, wieviel CO2 drinsteckt.

Und ökonomisch gesehen, ist Nachhaltigkeit bei uns als Familienunternehmen Teil unserer DNA. Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir nicht auf drei Monate, sondern auf drei und noch mehr Jahre hinaus planen können. Der langfristige Erhalt der Firma ist immer wichtiger, als kurzfristig möglichst hohe Dividenden auszuzahlen.

Wo sehen Sie denn Tecalto in drei oder fünf Jahren?
Weil ich vor 26 Jahren die Geschäftsführung übernommen habe, ist Tecalto jetzt in der dritten Generation in der Familie. Natürlich wünsche ich mir, dass es eine vierte Generation gibt. Wie das konkret aussehen könnte, ist ein Thema, das mich im Moment beschäftigt.
Tatsächlich ist es so, dass wir uns aktuell in einem stagnierenden Verdrängungsmarkt befinden. Obwohl wir uns gut behaupten, müssen wir wachsen, um weiterhin nachhaltig wirtschaften zu können. Drum prüfen wir aktuell verschiedene Optionen.
Das ist beispielsweise etwas, das ich intensiv mit meinem Sohn als Vertreter der vierten Generation bespreche. Er ist Wirtschaftsingenieur und arbeitet im Bereich Mergers & Acquisitions. Hier profitiere ich von seinem Fachwissen und seinen analytischen Fähigkeiten.

Wo suchen Sie sonst noch Austausch?
In meinen verschiedenen Netzwerken.
Es gibt das eher Wirtschaftliche, da bin ich unter anderem beim Branchenverband «GOP Gesellschaft für Fluidtechnik» engagiert, bei dem ich eine Zeitlang Präsidentin war. Ich bin bei den «Powerpreneurs» von Swiss Economic Forum dabei, da geht es um Unternehmertum, Nachfolgeregelungen oder um ganz konkrete Führungsfragen.
Daneben gibt es das Frauennetzwerk: Das Thema «Frauen in der Wirtschaft» ist mir, mit meinem Lebenslauf, ein besonders wichtiges Anliegen. Ich halte Vorträge oder nehme an Podiumsdiskussionen teil und bin Teilnehmerin an den «Ladies Apéro», wo wir einen offenen Austausch pflegen – bis hin zu Gesprächen über Lebenskonzepte. 
Und last but not least ist mir mein Mann ein sehr wichtiger Partner, auch weil er selbst Verwaltungsratspräsident ist und CEO eines Familienunternehmens war.

Ihr Tipp an junge oder künftige Unternehmerinnen und Unternehmer: Was braucht es vor allem?
Cash is king. Liquidität ist ein nicht zu unterschätzender Faktor: Wer liquide ist, kann unabhängig und langfristig  in die Zukunft denken.
Der zweite Tipp ist: Gibt es einen Markt für deine Idee? Ich beobachte viele junge Unternehmer mit guten Ideen, aber es braucht auch ein Kundenbedürfnis - sonst verkaufst du nicht. Nur eine gute Start-up-Idee zu haben, reicht nicht.

Was braucht es an persönlichen Eigenschaften?
Jemand muss die Finanzen und Zahlen beherrschen und strukturiert vorgehen. Und jemand muss kreativ sein. Es braucht beides, und man findet selten beides in derselben Person. Felix Pfister, Lorenzo Scano und ich sind drei sehr unterschiedliche Persönlichkeitstypen. Das macht die Entscheidungsfindung in der Geschäftsleitung zwar komplexer, aber auch verlässlich. Das geht aber nur, weil wir dieselbe Wertehaltung haben, die ist wichtig.

Was möchten Sie spezifisch den Frauen mitgeben?
Bleibt wirtschaftlich unabhängig! Und macht einfach, es kommt eh anders als geplant. Mein Plan als junge Frau sah vor, dass ich in einem Haus lebe, verheiratet bin, vier Kinder und einen Hund habe. Und was wurde daraus? Ich war alleinerziehende Mutter mit einem Säugling und habe die Geschäftsleitung einer Firma übernommen.